Laila Keeling & Anjali Zyla
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Ich bin in einem Flüchtlingslager im Libanon geboren und mit zehn Jahren in eine Stadt namens Sidon gezogen. Ich bin dort aufgewachsen und habe bis zur 8. Klasse die Schule besucht. Mein Leben in Sidon war angenehm, aber es gab Probleme mit dem Krieg, also habe ich in 2016 die Stadt verlassen. Mein Vater ist gestorben, als ich noch jünger war, und meine Schwester ist jetzt auch in Deutschland, aber ich habe immer noch Kontakt mit meiner Familie.

Meine Reise nach Deutschland hat 27 Tage gedauert. Ich bin mit einer großen Gruppe zu Fuß, mit dem Auto, dem Bus, dem Zug und dem Schiff vom Libanon nach Syrien gereist, dann weiter nach Griechenland und in die Türkei, bevor ich schließlich im Februar 2016 in Deutschland angekommen bin. Als ich hier angekommen bin, habe ich kurz meine Schwester besucht und wurde dann zu einem Flüchtlingslager in Eisenhüttenstadt geschickt. Meine Schwester lebt seit dreißig Jahren hier und hat einen deutschen Pass, sie findet das Leben in Deutschland also richtig gut.

Ich hingegen habe nur eine Duldung und lebe seit sechs Jahren unter der Drohung der Abschiebung. Es ist schwierig, unsere Erfahrungen zu vergleichen, weil sie so unterschiedlich sind, aber ich hatte in Deutschland viel mehr zu kämpfen als meine Schwester. Es war nie mein Plan, nach Deutschland zu kommen, aber ich wusste, dass Deutschland viel sicherer ist als andere Länder und dass die Menschenrechte hier besser geschützt sind. Deshalb bin ich überrascht, dass ich nach sechs Jahren hier immer noch den Status einer Duldung habe. Ich kann weder arbeiten noch einen Deutschkurs besuchen, also kann ich nur den ganzen Tag im Heim bleiben.

Jeden Tag stehe ich früh auf, bringe meinen Sohn zur Schule, schaue nach der Post, quatsche mit dem Sozialarbeiter im Heim, gehe einkaufen, koche und warte bis meine Familie nach Hause kommt. Tag ein, Tag aus. Das Flüchtlingsheim ist auch überhaupt nicht schön. Die Gemeinschaftsräume wie die Küche, das Bad und die Duschen sind alle schmutzig und alt. Man sollte nicht sieben Jahre lang hier leben müssen, sondern höchstens ein oder zwei Jahre. Ich hätte gerne eine eigene Wohnung, besonders wenn man bedenkt, dass ich schon so lange hier bin.

Das Leben im Flüchtlingsheim ist sehr schwierig, weil es keine arabischen Frauen gibt, also habe ich hier keine Freunde. Einer der Sozialarbeiter hier spricht Arabisch, also unterhalte ich mich jeden Tag gerne mit ihm, aber ansonsten habe ich niemanden, mit dem ich reden kann. Es kommen und gehen so viele Leute, also ist es schwer, mit jemandem innerhalb des Heims Kontakt aufzunehmen. Seit ich hier bin, bin ich sehr einsam, und ich habe mit psychischen Problemen zu kämpfen. Ich gehe zur Therapie, aber mein Sohn muss für mich übersetzen.

Ich hätte gerne Nachhilfe für meinen 14-jährigen Sohn. Ich habe auch einen Stiefsohn von meinem Mann, aber der geht hier nicht zur Schule. Mein Sohn kann gut Deutsch sprechen und hilft mir oft beim Übersetzen, aber es wäre trotzdem schön, wenn es Nachhilfe gäbe, um ihm in der Schule zu helfen. Ich will nichts für mich, nur für meinen Sohn. Ihm gefällt es hier in Deutschland und er hat viele Freunde, also möchte ich, dass er erfolgreich ist und hier Arbeit findet.

Als ich den Libanon verlassen habe, wollte ich nur die Sicherheit und Zufriedenheit, die ich in Deutschland finden konnte. Jetzt, wo ich hier bin, ist mein Leben definitiv sicherer, aber es ist nicht besser. Meine psychische Gesundheit hat sich verschlechtert, und ich fühle mich kaputt, seit ich in Deutschland bin. Ich will kein soziales Geld, ich will nur arbeiten und Steuern zahlen können. Mein Mann hat gerade eine Erlaubnis bekommen, um in Teilzeit zu arbeiten, aber ich muss immer noch warten bis ich arbeiten kann oder sogar einen Deutschkurs besuchen kann, wegen meiner Duldung. Es frustriert mich, dass die ukrainischen Flüchtlinge in ihren ersten Wochen in Deutschland so viel mehr Hilfe bekommen haben, als ich in sieben Jahre bekommen habe. Die Deutschen sollten die Flüchtlinge wie Gleichberechtigte behandeln und ihnen mehr Möglichkeiten erlauben. Ich bin dankbar, dass Deutschland mir ein neues Leben geschenkt hat, aber ich kann nichts tun. Ich wünschte nur, die Deutschen würden sich mehr um ihre Flüchtlinge kümmern.

 

 

 

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