Laila Keeling & Anjali Zyla
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Dieses Interview wurde mit zwei Frauen geführt, die durch Heirat miteinander verbunden sind, die erste mit einer jungen Frau und die zweite mit ihrer Schwiegermutter.

 

Zahra

Ich wurde in Saudi-Arabien geboren, aber meine Familie ist nach Syrien gezogen, als ich drei Jahre alt war, und ich bin in Syrien aufgewachsen. Ich habe die Schule bis zur neunten Klasse besucht, musste aber aufhören, nachdem mein Vater einen Unfall hatte, weil ich mehr im Haushalt helfen musste. Ich habe noch ein paar Jahre lang im Haushalt geholfen, bis ich mit 19 Jahren geheiratet habe. Als der Krieg in Syrien 2014 wirklich schlimm wurde, bin ich mit meiner Familie in den Libanon geflohen.

Wir sind mit dem Bus von Syrien in den Libanon gefahren, weil das viel sicherer war als zu Fuß zu gehen, aber es hat viel Geld gekostet und wir haben unsere gesamten Ersparnisse aufgebraucht. Das Leben im Libanon war nicht gut. Wir haben von der Regierung keine Hilfe erhalten, nicht einmal Sozialhilfe für Flüchtlinge. Mein Mann konnte dort keine Arbeit finden, also hatten wir auch nichts zu essen. Als die Pandemie ausgebrochen ist, waren wir auf unser Haus beschränkt und hatten keinen Unterricht für die Kinder. Meine älteste Tochter, die damals sechs Jahre alt war, konnte ohne Schule immer noch nicht gut sprechen. Sobald sie wieder zur Schule gehen konnte, konnte sie völlig fließend sprechen. Als wir in den Libanon gezogen sind, hat mir meine Tochter leid getan, weil sie plötzlich keine Freunde und keine Kinder mehr hatte, die mit ihr spielen konnten. Ich hatte noch ein weiteres Kind, als ich im Libanon war, aber es ist jetzt erst drei Jahre alt und kann sich an das Leben dort nicht mehr erinnern. Mein Mann und ich haben sogar ein Visum für Deutschland beantragt, als wir noch im Libanon lebten, aber es hat sieben Jahre gedauert, bis es genehmigt wurde, so dass wir erst 2021 ausreisen konnten. Bis dahin konnten wir im Libanon gerade so überleben, ohne Hilfe von der Regierung zu bekommen.

Wir konnten im Januar 2021 nach Deutschland fliegen, da wir ein Visum für die legale Einreise hatten, aber die Tickets waren so teuer, dass wir bei unserer Ankunft kein Geld mehr hatten. Gleich nach meiner Ankunft wurde ich positiv auf Corona getestet und musste sofort in einem anderen Flüchtlingslager in Quarantäne gehen. Sobald die Quarantäne beendet war, sind meine Familie und ich in dieses Lager umgezogen. Eigentlich hätten mein Mann und ich sofort nach unserer Ankunft arbeiten und eine Wohnung suchen können, aber es waren keine Wohnungen verfügbar, so dass wir in einem Flüchtlingsheim leben, bis wir eine finden. Unser Visum gilt nur bis Ende Juli, also haben wir auch einen Aufenthaltstitel beantragt, um länger in Deutschland bleiben zu können. Wir hoffen, dass alles gut geht, damit wir hier bleiben können.

Das Leben hier in Deutschland ist ziemlich gut. Meine Schwiegermutter ist mit uns gekommen und wohnt jetzt in der gleichen Wohnung wie wir, deshalb wünsche ich mir manchmal mehr Privatsphäre. Wir haben nur zwei Schlafzimmer für uns fünf, eine Toilette und eine Küche. In der arabischen Kultur ist es üblich, dass die Schwiegermutter viel dabei ist, aber in diesem kleinen Raum ist es trotzdem schwierig. Die Kinder sind auch ziemlich laut, aber es ist schwer, sie zur Ruhe zu ermahnen, weil sie als Neun- und Dreijährige so viel Energie haben. Meine Älteste ist seit Februar in der Schule, und es läuft wirklich gut für sie. Sie kann schon viel Deutsch verstehen und sogar ein bisschen sprechen, deshalb bin ich optimistisch, dass sie hier gut zurechtkommen wird. Mein jüngster Sohn hat noch kein Kitaplatz, aber das wird sich hoffentlich bald ändern.

Ich möchte Deutsch lernen, damit ich hier weiterlernen kann. Vielleicht kann ich zur Schule gehen, wenn meine beiden Kinder in der Schule oder in der Kita sind. Es war immer mein Traum, Lehrerin zu werden, aber im Moment möchte ich nur irgendeine Art von Ausbildung absolvieren, um hier arbeiten zu können. Ich muss nur einen Deutschkurs machen und eine Wohnung finden, bevor ich das tun kann. Ich habe mich entschieden, nach Deutschland zu kommen, weil ich wusste, dass es hier mehr Möglichkeiten für mich und vor allem für meine Kinder gibt. Ich wünsche mir nur, dass meine Familie im Libanon, die noch auf ein Visum wartet, bald nach Deutschland kommen kann.

 

Farida

Ich wurde in Syrien geboren und bin dort aufgewachsen, aber ich durfte nicht zur Schule gehen, deshalb kann ich immer noch nicht lesen und schreiben. Ich bin mit sieben Geschwistern in einer Zweizimmerwohnung aufgewachsen, deshalb war es oft eng. Es gab keine Schulpflicht und auch keine öffentlichen Parks, so dass ich meine Kindheit meist nur auf der Straße gespielt habe. Als ich sechzehn war, habe ich geheiratet und bin mit meinem Mann nach Kuwait gezogen, weil es dort etwas einfacher war, Arbeit zu finden. Wir haben dort zwei Kinder bekommen und uns ein sehr gutes Leben aufgebaut. Leider ist er nach 11 Jahren in Kuwait verstorben, und ich bin mit meinen Kindern nach Syrien zurückgekehrt.

Das Leben in Syrien war wirklich hart. Ohne Ehemann oder Eltern musste ich zwei Kinder allein ernähren, aber ich konnte keine Arbeit finden, da ich weder lesen noch schreiben konnte. Auch die Regierung hat mir keine finanzielle Unterstützung angeboten. Es war wirklich schrecklich. Mein Sohn musste schon mit neun Jahren anfangen zu arbeiten, um unsere Familie zu unterstützen. Deshalb konnte er auch nicht zur Schule gehen, und er kann auch nicht lesen und schreiben. Jetzt will er Deutsch lernen, aber das ist besonders schwierig für ihn, weil er nicht einmal Arabisch, unsere Muttersprache, lesen und schreiben kann.

Als mein Sohn 2010 geheiratet hat, hat sich nicht viel geändert, denn er hat sich weiterhin um mich gekümmert. Es war schwierig mit den Kindern, denn ich war in den letzten Jahren sehr krank, weil ich eine alte Frau bin. Als wir im Libanon gelebt haben, war es furchtbar. Mein Sohn hat gearbeitet, als wir dort waren, aber das reichte nicht aus, um vier Personen zu ernähren. Wir haben alle in einem Zimmer gewohnt und auf dem Boden geschlafen, selbst im Winter, wenn es draußen kalt war. Wir konnten es uns nicht leisten, Klamotten oder Essen zu kaufen. Wir konnten weder die Miete bezahlen noch die Kinder zur Schule schicken. Wenn ich krank war, konnte ich nicht einmal Medikamente für mich besorgen. Wir mussten dort weg.

Im Vergleich dazu war das Leben in Deutschland ein Traum. Hier habe ich eine Krankenversicherung und alle Medikamente, die ich brauche. Ich kann wieder Obst und Gemüse essen. Meine Enkelin geht hier zur Schule, was ich nie für möglich gehalten hätte. Ich bin so dankbar, dass es so gekommen ist, dass es auf der Welt so viele Menschen mit einem guten Herzen gibt, die uns geholfen haben. Bevor ich hierher gekommen bin, habe ich gehört, dass die Deutschen rassistisch sind und nicht gerne teilen, aber das war überhaupt nicht meine Erfahrung. Ich möchte ihnen nur für all ihre Unterstützung danken, damit ich mein Leben hier leben kann. Ich weiß, dass ich eine alte Frau bin und wahrscheinlich bald sterben werde; ich bin ständig krank und habe keine Energie mehr. Mein einziger Wunsch ist, dass meine Enkelkinder zur Schule gehen und sich selbst versorgen können, wenn sie älter sind.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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