Laila Keeling & Anjali Zyla
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Ich komme aus Kamerun. Ich bin in 2018 in Deutschland angekommen. Ich kann nicht von meinem Leben in Kamerun erzählen, weil ich mache gerade eine Therapie für meinen Kopf um meine Erinnerungen wieder zu bekommen. Wegen der Traumatisierung, kann ich mich an nichts erinnern. In meinem Kopf funktioniert es nicht. Ich mache eine Therapie dafür.

Ich war erst in Eisenhüttenstadt für ein oder zwei Monate. Ich vergesse alles langsam. Dann war ich in Blankenfelde und, dann später im gleichen Jahr in Jüterbog. Seit 2019 bin ich in diesem Heim. In Eisenhüttenstadt gab es einen kleinen Deutschkurs, Montag Mittwoch Freitag für niveau A und B. Sie hatten auch einen Sportplatz und ich war zwei Monate da. Ich war zwei Wochen in dem nächsten Heim, und da gab es auch einen kleinen Deutschkurs. Dann war ich 9 Monate im folgenden Heim, aber dort gab es keinen Kurs und keinen Sportplatz, alles war schlecht. Hier gibt es auch nichts.

Ich möchte einen Deutschkurs machen aber ich bekomme es nicht. Alle anderen lernen Deutsch, und ich muss es auf dem Handy lernen. Die ganzen Jahre frage ich schon nach einer Schule aber sie sagen, es gibt keine. Irgendwann bin ich nach Luckenwalde gegangen und sie haben gesagt es gibt keinen Platz aber sie werden mich anrufen, wenn es einen Platz gibt. Sie haben mich nie angerufen. Ich lerne mein Deutsch auf meinem Handy.

Es gibt keine Probleme mit dem Heimleiter. Ich bleibe einfach immer in meinem Zimmer. Ich lebe nicht. Mein Kopf geht nicht mehr und ich lebe nicht. Ich bin einfach immer mit meinem Sohn. Mein Sohn ist jetzt 10 Monate alt. Er wurde in Köln geboren, mit seinem Vater. Jeden Tag wacht das Baby um 5:30 auf und möchte spielen, spielen, spielen. Ich muss kontrollieren und aufpassen, wenn er spielt. Um 8 Uhr gebe ich dem Baby eine Dusche und gebe ihm sein Essen und spiele mit ihm. Unser Zimmer hat keine Tür, also muss ich immer aufpassen wo das Baby ist. Nachmittags gehe ich zum Spielplatz mit dem Baby. Ich bin in einem Zimmer mit einer anderen Frau, aber sie macht eine Ausbildung in Berlin. Sie hat auch ein Kind, ihr Kind ist eineinhalb Jahre alt. Wir wohnen zu viert in diesem Zimmer zusammen, und manchmal ist es schwer wenn wir alle in einem Zimmer sind, aber was soll ich machen.

Ich habe keine Freunde im Heim. Ich bin alleine schwarz hier. Die anderen Araber haben ihre Gruppe, aber ich spreche kein Arabisch. Ich habe meine Kultur und sie haben ihre. Wenn ich die anderen sehe, sagen wir hallo, aber das war’s. In Eisenhüttenstadt habe ich ein Zimmer geteilt mit einer anderen Frau und sie war auch eine schwarze Frau, also das war sehr gut. Jetzt wohnt diese Frau in Berlin. Wir haben immer noch manchmal Kontakt.

Ich erlebe oft Diskriminierung in Deutschland, aber wenn irgendjemand etwas zu mir sagt, dann sage ich es zurück. Wenn die Leute mir Scheiße sagen, sage ich auch Scheiße zurück. Wenn sie mich schlagen, dann müssen sie aufpassen. Am 17. von diesem Monat musste ich nach Berlin fahren um mich mit meinem Anwalt zu treffen. Ich war am Bahnhof um mit dem Zug zu fahren. Mein Baby hat am Boden rum gelaufen und hat gespielt. Eine Frau hat dann rumgeschrien und mir gesagt ich soll mein Baby aufheben. Aber was soll ich machen, es ist ein Kind! Es ist nicht ein Hund mit einer Leine, es ist ein Kind.

Dann hat die Frau irgendwas gesagt darüber, dass ich aus Afrika komme. Ja, und? Ja ich komme aus Afrika, ich spreche Französisch, Englisch, Spanisch, ein bisschen Deutsch, und sie? Sie weiß gar nichts. Ohne Deutsch, spricht sie nichts und ich habe viele Sprachen in meinem Kopf. Sie ist in Deutschland, sie ist in ihrem Land, und ihre Arbeit ist Reinigung. Reinigung ist für die Leute die nicht in der Schule waren oder nicht Deutsch sprechen. Diese Frau war sehr scheiße. Sie war wütend weil ich aus Afrika komme und nicht Deutsch bin. Ich habe sie also gefragt, “Aber was ist mit den Ukrainern, die kommen auch und da gibt’s kein Problem?” Dann hat sie gesagt, “Ja, aber die Ukraine ist Europa.” Diese Frau ging wahrscheinlich nicht zu Schule, also weiß sie wahrscheinlich gar nicht, dass Kamerun eine Kolonie war von Deutschland. Also bin ich eigentlich hier in meinem Land. Deutschland ist in mein Land reingekommen, und hat unsere Sachen von uns genommen, aber jetzt wenn ich hierher komme ist es ein Problem? Klar, ok.

Als ich mein Baby gehabt habe, musste die Ärztin eine Inzision auf meinem Arm machen. Es hat weh getan, und ich habe ihr gesagt, sie soll aufhören. Dann wurde sie wütend, und hat gesagt, ich soll ihr nicht sagen wie sie ihre Arbeit machen soll. Sie hat gesagt es tut nicht weh. Aber es hat sehr weh getan. Ich habe geschrien, dass ich Schmerzen habe. Drei Tage nach der Geburt, war ich zu Hause, und es hat immer noch weh getan. Für sechs Monate konnte ich meine Hand nicht richtig bewegen. Ich musste eine OP haben. Ich habe gesagt es tut weh, aber die Frau hat nicht zugehört. Die Frau hat es kaputtgemacht. Ich hätte zur Polizei gehen sollen, aber ich bin schwarz, wir haben keine Rechte. Ich musste für eine lange Zeit alles mit der anderen Hand machen. Ich konnte meinen Sohn nur mit der anderen Hand aufheben. Jetzt, habe ich immer noch ein bisschen Schmerzen, aber ich kann die Hand benutzen.

Hier in diesem Ort habe ich auch ein Problem. Um 21 Uhr gibt es keine Züge mehr, also muss ich ein Taxi anrufen. Ich habe es jetzt 3 oder 4 Mal gemacht. Aber wenn die Taxifahrer hören dass ich Afrikanisch bin, dann kommen sie nicht. Die wissen wenn ich spreche, dass ich nicht Deutsche bin. Ich bin nett und sag hallo und frage ob sie mich abholen können, aber sie sagen nein, sie können nicht.

Ja, ich hatte schon mal Probleme mit manchen deutschen Leuten, aber andere sind gut. Der Vater von meinem Sohn ist Deutsch, also kann ich nicht alle Deutsche Leute in einem Päckchen tun und mich über alle beschweren.

Ich bin immer noch im Asylverfahren. Ich weiß nicht was los ist mit der Ausländerbehörde. Ich gehe da hin, bringe meinen Pass und den Pass von meinem Sohn mit alle meine Dokumente. Dann rufen sie mich an, und ich denke dass ich endlich Asyl bekommen werde, aber nein, sie geben mir nur den Pass von meinem Sohn wieder. Mein Sohn hat einen deutschen Pass weil sein Vater Deutsch ist. An der Ausländerbehörde ist es nur schlecht. Ich treffe mich mit meinem Anwalt nächste Woche, um zu fragen was passiert. Ich weiß nicht wieso ich meine Dokumente nicht bekomme. Ich hätte sie eigentlich im Januar bekommen sollen, aber immer noch nichts.

Ja, mein größtes Problem jetzt ist meine Dokumente. Wenn ich meine Dokumente habe, dann kann ich nach Berlin fahren mit meinen Dokumenten, und eine Schule finden. Jetzt muss ich immer nur fragen ob andere bitte eine Schule für mich finden können und ich bekomme nichts. Andere Leute kommen später als ich, und sie bekommen sofort eine Schule, aber ich nicht. Ich weiß nicht, warum. Ich kann nicht so bleiben. Ich möchte Deutsch lernen, B2 bekommen, dann kann ich eine Ausbildung machen und weiter leben. Ich lebe nicht.

Im Moment, lerne ich Deutsch auf meinem Handy, auf Youtube. Oder manchmal lerne ich mit dem Vater meines Sohns. Auf Tik Tok gibt es eine Frau, die gute Deutsch Videos macht. Wenn ich irgendwas nicht verstehe, dann rufe ich den Vater an und er hilft mir. Zum Beispiel, dieses Dativ, Akkusativ, dieses verstehe ich nicht. Mein Kopf tut sehr weh, wenn ich es versuche. Der Vater wohnt in Köln, aber er war letzte Woche hier. Zwei Mal war er hier, ansonsten gehen wir zu ihm.

Ich möchte eine Pflegerin sein, aber erst muss ich Deutsch sprechen. Ich schreibe nicht gut, ich verstehe nicht gut. In meinem Land, spreche ich Spanisch, Französisch, Englisch. Aber nicht Deutsch, und Deutsch ist sehr kompliziert. Jetzt bin ich auf Deutsch konzentriert aber manchmal habe ich Wörter von den anderen Sprachen in meinem Kopf.

Ich werde in Deutschland bleiben, deswegen brauche ich die Sprache. Ich mag Köln nicht, ich möchte in Berlin bleiben. Wenn die mir meine Dokumente geben, dann werde ich eine Wohnung in Berlin finden, aber ich brauche Hilfe. Ich weiß nicht was ich mache, niemand hilft mir. Die Leute im Heim oder im Sozialamt können mir nicht helfen mit Wohnungen in Berlin. Aber ich will nicht in Teltow-Fläming wohnen, hier gibt es keine Arbeit. Ich muss also in Berlin arbeiten. Wenn ich hier wohne, aber in Berlin arbeite, dann muss ich ganz früh aufstehen. Als Pflegerin fängt die Arbeit um 5:30 oder 6 Uhr an, aber es gibt hier keine Züge oder Busse an dieser Uhrzeit. Also deswegen wollen alle nach Berlin. Es geht nicht anders.

Meine Träume sind, dass ich eine gute Arbeit habe, und meine Kinder in Afrika zu mir kommen können. Ich habe zwei Kinder in Afrika, in Kamerun. Mein Kopf ist kaputt, ich weiß nicht wie alt sie jetzt sind. Die Kinder wohnen mit meiner Mutter, aber sie ist krank und kann sich nicht wirklich um die Kinder kümmern. Niemand kümmert sich um die Kinder. Ich glaube sie sind jetzt 7 Jahre und 12 Jahre alt. Meine Mutter ist immer noch in Kamerun, aber mein Vater ist tot. Er ist in 2014 gestorben.

Meine Mutter kann nicht genug auf die Kinder aufpassen, und mein Land ist nicht gut. Es gibt sehr viele sexuelle Aggressionen, auch gegen Kinder. Eine meiner Nachbarinnen hat ein Kind, das Kind war 10 Jahre alt, und es wurden sexuelle Aggression mit dem Kind gemacht. Das Kind wurde schwanger. 10 Jahre alt, und sie war schwanger. Ich habe sehr viel Angst für meine Kinder. Ich möchte, dass sie hierher kommen.

Wenn ich eine gute Arbeit habe, kann ich fragen für ein Familientreffen. Ich kann meine Kinder zu mir bringen. Ich brauche also einen Deutschkurs und eine Ausbildung. Wenn ich eine Ausbildung mache, dann weiß ich, ich kann eine gute Arbeit finden. Ich werde so viel arbeiten. Nur arbeiten, arbeiten, arbeiten, das ist mir egal. Ich muss nur etwas Geld verdienen.

Ich möchte natürlich, dass mein Baby einen Kita Platz bekommt, aber jetzt ist er zu klein. Ich werde ihm Deutsch und Französisch beibringen. Ich möchte ihm alle Sprachen beibringen, aber erst Deutsch und Französisch. Wenn er alle diese Sprachen spricht, dann kann er internationale Arbeit machen, zum Beispiel einen Pilot werden. Ich lebe nur für meinen Sohn. Irgendwann, wird er Pilot. Mein Pilot.

Alles ist Leben. Das Leben hat gute Sachen und schlechte Sachen. Mann muss die scheiße Sachen einfach nach unten tun, und die guten Sachen nach oben. So kommt man schneller voran.

 

 

 

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