Sahba Salehi
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Ich komme aus Ahvaz, in der Provinz Khuzestan im Süden des Iran. Ich bin 38 Jahre alt, verheiratet und habe eine 16-jährige Tochter. Ich bin 2019 nach Deutschland gekommen. Im Iran hatte ich ein Geschäft für Innenarchitektur. Dort habe ich 15 – 16 Jahre gearbeitet. Seit ich hier bin, habe ich ein Jahr lang einen Deutschkurs gemacht und einen Integrationskurs. Dann kam Corona und alles war zu. Danach habe ich angefangen, meinen Führerschein zu beantragen. Ich habe meinen Führerschein bekommen, und jetzt warte ich seit ein paar Monaten auf eine Arbeitserlaubnis. Ich weiß nicht, ich glaube, die Ausländerbehörde ist zu beschäftigt mit all den Ukrainern, die hierher gekommen sind. Also warte ich noch.

Ich bin Anfang 2019 hier angekommen. Am Anfang habe ich mich in Berlin angemeldet. Ich war einen Monat lang in einem Lager in Spandau, dann in Eisenhüttenstadt, dann in Doberlug und jetzt hier. Ich bin jetzt schon drei Jahre hier.

Mein [Asyl-]Antrag war ein ganz echter Fall. Man kann es im Internet nachlesen; alle Namen in meinem Fall waren echt. Ich habe zwei Onkel, die von der Islamischen Republik umgebracht wurden. Einer war Anfang der 2000er Jahre im Iran im Gefängnis. Erst wurde seine Freilassung bekannt gegeben, dann hieß es, er habe Selbstmord begangen. Der andere wurde erschossen. Meine Familie hat ihren Nachnamen geändert, aber weil wir Araber sind, haben wir einen Familienstammbaum, und alles ist dokumentiert und echt. Ein anderer [Verwandter] wurde ebenfalls in einem Gefängnis getötet, während den 88 Massenhinrichtungen [von politischen Gefangenen] in den 80er Jahren. Er war ein Cousin meines Vaters.

[Im Interview] haben sie mich gefragt, wann ich zum Christentum konvertiert sei, und ich habe ihnen gesagt, dass ich das nicht getan habe. Sie fragten mich, wo ich in die Kirche gegangen bin, und ich sagte, ich bin in der Kirche gewesen. Alles, was ich gesagt habe, war die Wahrheit. Und ich habe ihnen erzählt von dem Problem, dass ich im Land hatte. Aufgrund meiner Arbeit hatte ich im Iran viel Kontakt mit verschiedenen Menschen und verschiedenen Ämtern. Ich hatte einen Kunden, der ein Mitarbeiter der Sepah (IRGC – Korps der Islamischen Revolutionswächter) war. Wir haben uns befreundet und wurden ziemlich schnell enge Freunde. Wir lernten eine Menge übereinander. Irgendwann hatten wir eine Meinungsverschiedenheit, die immer schlimmer wurde, und es kam zu bösen Streitereien. Eines Tages hat er mein Handy in die Finger bekommen, und er hatte mehrmals gesehen, wie ich mein Handy Passwort eingegeben habe, also hat er alle Sachen auf meinem Handy angeschaut und hat daraufhin angefangen, mich zu bedrohen. Ich bin mit meinem Haus in eine andere Provinz umgezogen, aber die Drohungen hörten nicht auf. Die Leute sagten mir, dass es wirklich schlimm wurde. Ich dachte, wenn ich hierher komme und mich retten kann, dann kann ich vielleicht bald meine Familie nachholen. Jetzt bin ich seit mehr als drei Jahren hier. Meine Familie ist immer noch im Iran. Ich war etwa vier Monate lang unterwegs, durch die Türkei, Serbien, Kroatien, Slowenien, die Schweiz und dann nach Deutschland.

In dem Interview, das ich beim BAMF hatte, haben sie mir gesagt, wenn Sie einfach die Augen schließen und wieder im Iran sind, was würde dann passieren? Ich habe ihnen gesagt, ich würde aus Angst einen Schlaganfall bekommen. Sie sagten: “Würden Sie dann das Christentum predigen/vermitteln? Zum Beispiel es lehren.” Ich sagte nein. Sie fragten warum. Ich sagte, weil ich Angst hätte, es ist gefährlich, das dort zu tun. Und zu der Zeit [im Iran] hatte ich weniger Wissen über das Christentum. Ich will damit nicht sagen, dass ich jetzt alles weiß, aber ich weiß viel mehr als früher. Also habe ich ihnen gesagt: Nein, ich hätte Angst davor, es zu tun. Und dann fragten sie, wie es wäre, es hier zu tun? Ich habe ihnen gesagt, wenn ich genug weiß und die Kompetenz dazu habe, würde es gerne tun und hätte keine Angst, weil dies hier ein freies Land ist. Das war alles. Und es gab keine Antwort [in dieser Sache]. Ich habe meinen Anwalt gefragt, was jetzt passieren soll, nachdem das Gericht diese Sachen angefordert hat. Er sagte, wir hoffen, dass wir Anfang des nächsten Jahres einen Termin bekommen, in 3 bis 4 Monaten im neuen Jahr, hoffentlich einen Gerichtstermin, oder eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung, irgendeine Nachricht. Und keine Nachricht ist gekommen.

Und hier ist es leider so, dass egal wie sehr man sich bemüht, ein gutes Leben zu führen, sich an die Regeln zu halten, nicht gegen das Gesetz zu verstoßen, alles richtig zu machen, erreicht man sein Ziel einfach nicht. Ich weiß nicht, so habe ich es verstanden, seit dem ich hier lebe, vielleicht ist es nicht ganz richtig. Ich warte jetzt seit 3 bis 4 Monaten auf die Arbeitserlaubnis, und es gibt Leute, die in dieser Zeit auf dem Schwarzmarkt gearbeitet haben und etwa zehntausend Euro verdient haben. Es ist nicht so, dass ich neidisch auf das Geld bin, das sie verdienen. Mein Problem ist, dass ich mit der Vorstellung hierher gekommen bin, dass es hier fair ist, dass es keine Diskriminierung gibt und dass man, wenn man sich an das Gesetz hält, unterstützt wird. Aber leider sieht man, dass [es nicht so ist].

Ich hatte schon früher große Angst, auch im Iran. Sowohl Ängste als auch Stress. Ich hatte dort ein medizinisches Problem und habe Medikamente genommen. Das Leben im Lager hier hat mich sehr belastet, aber sie wollen uns keine Wohngenehmigung geben. Ich hatte zwei Mitbewohner, die süchtig waren und in unserem Zimmer Heroin konsumierten. Ich habe im Zimmer geschlafen, und sie nahmen Drogen. Und ich bekam Ärger mit ihnen. Das habe ich dem Chef hier mehrmals gesagt. Sie haben mein Zimmer gewechselt. Dann nahm der Mitbewohner, der über mir schlief, heimlich Heroin. Er ist ausgezogen und wurde obdachlos, und dann bekam ich einen anderen Mitbewohner. Wegen all dieser Probleme wurde ich damals ins Krankenhaus eingeliefert und zu einem Psychologen aus Potsdam gebracht. Und ich sagte ihnen, dass ich nicht in die Psychiatrie gehen würde und auch die verschriebenen Medikamente nicht nehmen würde. Ich hatte starke Angstzustände, aber ich hatte kein psychisches Problem, das mir irgendwelche Probleme bereiten würde. Dann habe ich versprochen, selbst einen Arzt aufzusuchen. Das habe ich nie getan. Aber ich möchte einfach von diesem Thema wegkommen. Ich fliehe vor diesem Stress, und manchmal ist es wirklich schlimm, aber ich versuche, nicht darüber zu sprechen, nicht daran zu denken, und deshalb habe ich es nie weiterverfolgt, um Beweise für meinen Fall zu haben.

Arbeitserlaubnis

Ich kann eine Arbeitserlaubnis bekommen. Jedes Unternehmen, für das ich arbeiten möchte, sollte die Erlaubnis auf seinen Namen ausstellen und auf meinem Ausweis vermerken, dass ich bei diesem Unternehmen bis zu diesem Datum arbeiten darf. Als ich hierher kam, wurde mein Antrag im 4. Monat 2019 überprüft. Ende 2019 wurde mein Antrag nochmal geprüft. Mein Anwalt gab mir einen Termin und fragte mich nach einigen Dokumenten, was ich mache, und stellte mehrere Fragen zum Christentum, und ich beantwortete all das. Ich gab ihnen alle Unterlagen über meine ehrenamtliche Arbeit mit der Kirche. Einen Monat später teilte man mir mit, dass der Richter gesagt habe, mein Kirchenbrief sei zu alt. Ich bekam einen neuen Brief, und seither ist mein Antrag einfach inaktiv, ohne dass es Neuigkeiten gibt. Die Wohnungsgenehmigung ist auch nur willkürlich. Sie geben die Genehmigung zu den Leuten, nur wenn sie wollen. In Berlin sieht man, dass jeder die Genehmigung hat. Sie geben die Genehmigung mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag und Lohnabrechnungen, aber sie ist nicht garantiert. Wir haben hier Leute mit einem Arbeitsvertrag, die trotzdem keine [Wohngenehmigung] haben.  Und es gibt hier auch Leute, die seit fünf oder sechs Jahren arbeitslos sind und dann innerhalb von ein paar Tagen ihre Arbeitserlaubnis und auch ihre Wohngenehmigung bekommen haben. Das ist alles Glückssache. Ich meine, es gibt keine Garantie für irgendetwas. Sie handeln einfach, wie sie wollen. Eigentlich sollten sie die Wohngenehmigung nach 18 Monaten Aufenthalt im Heim bekommen, aber ich weiß nicht, warum sie das nicht tun.

Ich bin zu meinem Anwalt gegangen und habe gefragt, ob es möglich ist, eine schriftliche Zusage zu machen, dass ich keine Rentengelder vom Staat haben will und mich selbst finanziell versorgen werde, aber ein Haus bekommen kann und nicht im Heim bleiben muss. Aber sie sagten nein, und es liegt in ihren Händen, und seitdem habe ich keine Antwort erhalten.

Ich habe zwei große Probleme. Das eine ist die Unterbringung, das andere, meine Frau und meine Tochter hierher zu bringen. Denn wenn meine Tochter 18 Jahre alt wird, kann ich sie nicht mehr nachholen, auch wenn ich eine Aufenthaltserlaubnis habe. Auch sie hatte viele Probleme, weil ich weg bin. Sie ist ein Einzelkind und hängt sehr an uns. In den letzten beiden Jahren konnte sie aufgrund des Online-Unterrichts immer wieder zu ihren Großeltern fahren, aber die Entfernung ist zu groß. Ihre Großmutter mütterlicherseits ist nach den Schwierigkeiten, in die ich geraten bin, in eine andere Stadt gezogen. Sie wurden auch bedroht, und nachdem mein Schwiegervater gestorben war, zogen sie in eine andere Stadt. Es gibt so viele Probleme, so viele, dass ich nicht in der Lage bin, in einem einzigen Interview über sie alle zu sprechen. Ich habe Angst um ihre Sicherheit, und sie haben wegen dieser Situation sehr gelitten.

Was das Leben hier im Heim angeht, ist es mir völlig egal. Ich meine, es ist mir alles egal. Ich habe so viele Probleme gehabt, dass nichts mehr wichtig ist. Du kannst es hier sehen, wie es aussieht, es ist überhaupt nicht sauber. Nichts funktioniert hier richtig. Niemand macht seine Arbeit richtig. In den ersten Monaten, als ich keine Sprache konnte, habe ich meinen Freund angerufen und ihn auf Lautsprecher gestellt, damit er übersetzen konnte. Ich habe ihnen mehrmals von meinen Problemen erzählt, aber sie tun nichts. Sie sagen, das sei hier kein Hotel. Eines Tages war ich sogar so wütend, dass ich geblieben bin und gesagt habe, dann lasst uns warten, bis die Polizei kommt und unser Problem löst, weil wir einfach die Nase voll hatten. Sie sagten, wenn die Polizei käme, würden sie euch zurück in eure Länder bringen. Ich war gerade erst angekommen und wusste nicht viel und habe es geglaubt und dann nichts gesagt.

Alltägliches Leben

Nichts Besonderes. Ich wache einfach morgens auf und kaufe ein paar Lebensmittel ein. Dann sitze ich wie ein Rentner. Ich mache ein bisschen Wiederholung von Deutsch, um zu lernen. Und warte einfach auf meinen Antrag, ich kann jetzt nicht viel anderes machen. Ich habe keine anderen Pläne, ich warte nur darauf, einen Job zu finden, um arbeiten zu gehen.

Ich habe einen sehr alten Freund, der hier in Deutschland lebt und einen festen Wohnsitz hat, und ich habe auch einen Bruder hier, der ungefähr zu der Zeit kam, als ich hierher kam. Das sind die engsten Menschen, die ich habe, ansonsten bin ich sehr spitzfindig und sensibel in meinen Beziehungen. Aber es gibt Leute, mit denen ich mich unterhalte, aber ich stehe ihnen nicht nahe.

Die deutschen Menschen, die ich kenne, sind diejenigen, die in der Wohltätigkeitsorganisation arbeiten. Ich kenne sie schon seit drei Jahren. Wenn es etwas zu tun gibt, rufen sie mich an, oder wenn ich etwas fragen möchte, rufe ich sie an. Ansonsten schicke ich nur Grüße, Geburtstags- oder Neujahrswünsche und das war es.

Die Wohltätigkeitsarbeit, die ich geleistet habe, fand an verschiedenen Orten statt. Zu der Zeit gab es noch kein Corona. Ich erinnere mich, dass es in Berlin ein Gymnasium gab, auf das ich ging. Dort haben wir viel gearbeitet; ich meine, zwei ganze Tage lang haben wir schwere Arbeit geleistet. Für die ganze große Schule haben wir alle Sachen weggeräumt, die Räume vorbereitet, Dekorationen gemacht oder Geschenke eingepackt. In den nächsten Jahren haben wir während Corona die Sachen, die die Leute gespendet hatten, sortiert, von Kindern bis zu alten Leuten, und sie den Leuten zugeordnet, die wir auf der Liste hatten. Auch im letzten Jahr gab es eine Kirche in Berlin, die ich bemalt habe. Auch dieses Heim habe ich gestrichen. Also ja, wie immer ich helfen konnte, habe ich geholfen. Ich bin seit zwei Jahren Mitglied bei der Caritas in dieser Stadt, aber die haben mir gesagt, dass sie wegen der Pandemie nicht viele Aktivitäten machen können. Ich bin dort auch Mitglied, und ich habe ein paar Mal nachgefragt, aber sie sagten, es gäbe keine Arbeit und sie hätten jetzt weniger Personal.

Wissen über Deutschland von vorher

Ich wusste nicht wirklich etwas über Deutschland, und der Fehler liegt bei unserer schlechten Kultur. Wenn du mit Freunden sprichst, die im Ausland waren, in Deutschland oder in den Niederlanden oder in den USA oder in Kanada, (wir haben nämlich viele Verwandte die überall auf der Welt leben, wegen unserer Situation im Land sind sie alle überall hin geflüchtet) dann reden die immer so, dass sie sich nicht selbst herabsetzen.

Ja, die Regierung gibt dir hier eine Leistung, aber sie [Freunde] sagen dir nicht, wie viel sie dir zahlen, dass es nicht einmal für deine Zigaretten reicht. Sie sagen, ja, wenn du hier arbeitslos wirst, gibt es eine Rente, ja, es gibt Unterstützung, aber so, dass deine Menschenwürde gewahrt bleibt. Das ist wirklich gut, das haben wir im Iran nicht, aber ich meine, sie lassen es so bunt und verträumt klingen, dass man eine falsche Vorstellung davon bekommt. Aber sie sagen einem nicht, was passiert, wenn man die Aufenthaltsgenehmigung nicht bekommt, dass man vielleicht mehrere Jahre im Heim leben muss, oder was ist überhaupt Familienzusammenführung? Ich meine, wenn ich diese Dinge gewusst hätte, … Ich wollte zuerst in die Niederlande gehen, und man sagte mir, nein, wenn du dorthin gehst, bekommst du keine Antwort, und du bekommst keine Arbeitserlaubnis, und dass Deutschland anders ist, also blieb ich in Deutschland. Ich wusste nicht viel und hatte keine Ahnung von den Regeln und Vorschriften, und die Leute, mit denen ich gesprochen hatte, lobten alle das Land, in dem sie lebten, und sagten nie die andere Wahrheit.

Ich weiß nicht, ob ich das gut erklären kann, aber sehen Sie, wenn sich die Lebensbedingungen um 70 Prozent verschlechtern, wird es für mich 100 Prozent schwierig, weil ich ein sensibler Mensch bin und so etwas noch nicht erlebt habe. Für jemanden, der ein schweres Leben hatte, der viel durchgemacht hat, sei es in finanzieller Hinsicht, oder für jemanden, der von Natur aus stärker ist und einen höheren Geist hat, ist die gleiche Situation nur zu 10 Prozent schwierig. Wenn man nicht einmal in dem Raum, in dem man schlafen soll, seine Privatsphäre hat, habe ich das Gefühl, dass niemand sich selbst sein kann und nicht die richtige Person ist, die er sein sollte. Als ich das erste Mal hier ankam, musste ich mich gegen jeden wehren, der an die Tür klopfte bevor er ins Zimmer kam. Jemand wollte sich umziehen und der Typ kam einfach ins Zimmer. Jeder hat sich so verhalten. Und wenn ich an die Tür klopfte, bevor ich eintrat, machten sie sich über mich lustig: “Was glaubst du, wo du bist, dass du klopfst?” Ich sagte: “Nirgendwo”, aber wir sind dieselben Leute wie vorher, und auch wenn dieser Ort die Hölle ist, kenne ich mich selbst [so zu sein]. Das ist nur ein winziger Teil der Probleme, die ich habe. Es ist mir eigentlich egal. Manchmal sage ich mir, dass ich nicht hier bleiben würde, wenn es eine Chance gäbe, dass keine Bedrohung über meinem Kopf [im Iran] läge.

Die Leute hier mögen mich, und ich helfe allen. Es gibt hier einen Iraker. Ich kann nur ein bisschen Arabisch, vielleicht eine Handvoll Wörter. Ich bringe ihm Deutsch bei. Er war in einem Kurs, hat aber nicht viel gelernt. Ich versuche, mit ihm Lesen zu üben. Und er kann auch nicht Arabisch lesen, damit er die Bedeutungen schreiben kann. Ich fotografiere die Seiten, nehme den Text auf und sage ihm, er soll zuhören und üben. Er wird jetzt besser. Und als ich meinen Führerschein gemacht habe, habe ich eine sehr gute Fahrschule gefunden, zu der die anderen Jungs gehen können. Ich meine, die Leute hier mögen mich, aber ich fühle mich nicht wohl, bin nicht glücklich.

Mein Bruder, der in Berlin lebt, ist diesen Monat ein ganzes Jahr nicht bei mir gewesen. Obwohl er mich oft einlädt und wir sehr eng sind, sind wir nur ein Jahr unterschiedlich alt. Auch bei einem anderen engen Freund, der ganz in der Nähe wohnt, war ich seit neun Monaten nicht mehr zu Hause. Da ich selbst keine Wohnung habe, fühle ich mich nicht wohl dabei, zu ihnen zu gehen. Aber wenn ich ein Haus hätte, würde ich sie jedes Wochenende einladen, und sie würden mich auch einladen. Ich will nicht, dass sie denken, dass ich zu ihnen gehe, weil ich im Heim wohne. Das ist schwierig für mich, aber was kann man schon tun?

Zukunft

Da ich früh geheiratet habe und früh angefangen habe zu arbeiten, bin ich es gewöhnt, zu arbeiten. Ob ich nun in einer guten oder in einer schlechten Situation bin, ich muss arbeiten und leben wie die Menschen. Aber die einzige Hoffnung, die ich habe, ist, dass meine Tochter hierher kommt. Ich habe keine andere Hoffnung, keine andere Hoffnung auf ein Leben oder von Deutschland aus. Ansonsten werde ich wie jeder andere Mensch leben, mit dem Aufenthaltsstatus, den ich habe. Man sollte sowieso leben.

Ich habe hier die Bibel gelesen. Bei meinen Vorstellungsgesprächen haben sie mich gefragt, ob ich eine Bibel habe? Ich habe nein gesagt. Sie sagten mir, dass sie im Iran verkauft wird. Davon wusste ich nichts. Als mir dann jemand hier eine Farsi-Bibel schenkte, hat mich das sehr beeindruckt. Wenn sie mich nicht gebeten hätten, einen Brief von der Kirche für mein Gericht zu besorgen, hätte ich so etwas nie getan. Denn sie wollen Dokumente als Beweis haben, sonst ist das meiner Meinung nach gegen das Christentum. Ich habe die Briefe von der Kirche bekommen, zu der ich im Übergangslager in Berlin gegangen bin, und jetzt von der Kirche in meiner Stadt, in der ich Mitglied bin. Ich glaube, ich habe mich in dieser Hinsicht sehr verändert. Abgesehen davon ist mein geistiger Zustand überhaupt nicht gut. Ich habe versucht, alles richtig zu machen, aber es hat nicht geklappt, und jetzt ist mir alles egal. Aber ich rege mich wirklich auf, wenn ich daran denke. Ich möchte nur, dass mein Kind zu mir kommt, denn alles hat sie sehr betroffen.

Ich habe überhaupt keine guten Erfahrungen gemacht. Nichts Gutes. Ich habe deutsche Freunde, mit denen wir uns manchmal zu Wohltätigkeitsveranstaltungen treffen, und sie sind gute Menschen, und wenn ich sie um etwas bitten würde, würden sie es für mich tun, aber das habe ich bis jetzt nicht getan. Es gibt auch zwei Ukrainerinnen, die schon seit Jahren hier in Deutschland leben, und sie sind sehr nette Frauen. Aber das Leben im Lager macht einen total verrückt. Es gibt Leute, die sind von Land zu Land gereist, sechs Jahre im Iran, 4 Jahre in der Türkei, 5 Jahre irgendwo anders. Denen ist es egal, ob sie im Lager oder in ihrem Haus leben. Die Menschen sind unterschiedlich, aber es ist wirklich schlimm, dass sie auf die gleiche Weise behandelt werden. Es ist ihnen egal, ob jemand hier ist und versucht, sich zu integrieren, oder ob jemand nur dasitzt und Drogen nimmt, das ist ihnen egal. Diese Dinge erdrücken mich langsam. Es gibt Leute aus Afghanistan, die eine Aufenthaltsgenehmigung haben, aber nicht versuchen eine Wohnung zu bekommen. Aber für uns würden wir arbeiten und den ganzen Lohn bezahlen, aber nicht in diesem Zustand leben. Und dann ist da noch der Altersunterschied. Es gibt afghanische Jungs hier, um die 18 oder 20, die waren 15, als sie hier ankamen. Sie kommen mit der Situation viel besser zurecht. Wenn ich mit 15 oder 18 hierher gekommen wäre, würde ich nicht gehen, selbst wenn sie mir ein Haus geben würden, und ich würde sagen, ich kann nicht allein sein und will mit meinen Freunden zusammen sein. Irgendwann ändert man sich. Nun, ja, das Hauptproblem, das wir haben, ist die Wohngenehmigung, auch wenn ich alle Kosten selbst bezahle. Und für mich persönlich ist das Wichtigste, dass ich meine Familie sehen kann. Abgesehen davon habe ich keine guten Erinnerungen an Deutschland und das Heim. Vielleicht geht es anderen Menschen schlechter, vielleicht gibt es schlimmere Heime, aber so habe ich es gesehen.

 

 

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