Laila Keeling & Anjali Zyla
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Dieses Interview wurde durchgeführt mit der 14-jährige Malia und ihre mutter Eliana, beide aus Tschetschenien. Malia hat für ihre mutter übersetzt.

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Wir kommen aus Tschetschenien und wir haben immer da gelebt. Dann sind wir wegen Russland nach Tschetschenien gekommen in 2015. Mama hatte in Tschetschenien ein Restaurant, und da hat sie gearbeitet. Papa hat bei einer Firma gearbeitet, wo man Säfte austeilt und so. Papa hatte in Tschetschenien ein Problem, und Mama wollte, dass wir Kinder gut zur Schule gehen könnten. Deswegen sind wir hierher gekommen. Aber alles andere in Tschetschenien war okay.

Mama hat sich Deutschland nicht richtig vorgestellt, bevor wir hierher kamen. Es ist alles zu schnell gegangen dafür. Wir haben auch nicht eigentlich geplant hierher zu kommen, es ist alles sehr schnell passiert. Es war wegen Papas Problem. Wir sind erst nach Dagestan gegangen, und dann sind wir nach Deutschland gegangen.

Ich war 7 als wir hierher gezogen sind. Die Reise nach Deutschland war ziemlich normal. Wir sind viel mit dem Zug gefahren, aber es war eigentlich ganz normal. Wir sind von Tschetschenien nach Moskau gefahren mit dem Zug, dann nach Polen und dann von dort nach Deutschland.

Als wir in Deutschland angekommen sind, waren wir erst 10 Tage in Eisenhüttenstadt, und seitdem sind wir in diesem Heim. Also fast 7 Jahre. In Eisenhüttenstadt war es richtig schmutzig. Da waren wir in diesen Containern, und es war richtig schmutzig. Mama hat immer geweint, weil es richtig schmutzig war, aber dann nach 10 Tagen sind wir hierher gekommen.

Die ganze Familie ist jetzt hier. Also uns beide, mein Papa, und meine 3 Brüder. Die sind alle jünger als ich. Einer meiner Brüder ist hier geboren. Der wird jetzt 6 dieses Jahr und geht in die Schule. Die Schule ist gut; wir hatten in der Schule bisher noch keine Probleme. Ich habe eigentlich das Meiste an Tschetschenien vergessen, weil wir ja jetzt so lange schon hier sind. Uns gefällt es hier.

Mein ältester Bruder ist in einem Fußballverein und im Ringerverein, und meine anderen zwei Brüder sind auch im Ringerverein. Wir Kinder haben also Kontakt mit anderen Deutschen wegen der Schule und so, aber unsere Eltern nicht.

Die erste Zeit hier in diesem Heim war richtig gut, aber jetzt ist es schlimmer und sehr schmutzig geworden, weil es halt zu viele Einwohner jetzt sind.

Am Alltag macht Mama, was alle Mütter machen; kochen, aufräumen, auf die Kinder aufpassen. Sie putzt immer die Küche, und den Flur. Ihr ist es egal, ob sie dafür bezahlt wird oder nicht. Hauptsache, es ist sauber da wo sie ist. Sie wird nicht dafür bezahlt, aber die anderen Mitbewohnern sind ihr dankbar.

Mama ist einmal zu einem Deutschkurs gegangen, aber das war’s. Der Kurs war B1. Sie möchte nochmal einen Kurs besuchen. Sie hat B1 nicht bestanden, aber A2 schon. Wenn sie Zeit hätte, für den Kurs zu lernen und so, wäre es einfach. Aber sie hat keine Zeit, also ist es schwer. Das Problem ist, dass es hier zu viele Bewohner gibt. Alle schreien und rennen herum und singen, es gibt zu viele Geräusche draußen, man kann sich an nichts konzentrieren. Mama muss auch Tabletten nehmen, weil sie kein gutes Gedächtnis hat. Sie weiß vieles schon, aber manche Sachen vergisst sie einfach. Kleinigkeiten vergisst sie. Also das ist auch mit dem Kurs ein bisschen schwer.

Hier gibt es ganz viele andere Leute, die auch Russisch sprechen. Meine Mutter hat ganz viele Leute, mit dem sie Russisch sprechen kann. Jetzt, zurzeit geht eseigentlich mit der Sprache okay. Ganz am Anfang war es schwer, weil wir kein Deutsch konnten und so, aber jetzt wo wir Kinder alles übersetzen können, und unsere Eltern auch ein bisschen verstehen können, ist es nicht mehr so schwer.

Papa wollte eigentlich arbeiten gehen, aber hat er noch nicht. Er hat noch keine Arbeitserlaubnis. Seine Füße wurden operiert, also hat er auch viele Fußschmerzen.

Unsere Probleme hier sind, dass die Duschen und alles andere sehr schmutzig sind, und dass es einfach zu viele Bewohner gibt, also gibt es manchmal Streit. Alles andere ist okay, es ist nur ein Problem, dass die Dusche und Badezimmer und so nicht im eigenen Zimmer sind, also muss man die alle zusammen benutzen. Zum Beispiel, gerade ist die Frauentoilette in der 2. Etage kaputt, also ist es noch schlimmer geworden als sonst. Jetzt warten wir, bis die 2. Etage repariert wird. Mama sagt, wenn sie irgendwas verbessern könnte an dem System hier, wäre es die Toiletten. Wir verstehen uns mit dem Heimleiter und den Sozialarbeitern. Wir brauchen aber keine Hilfe oder Unterstützung, wir kommen auch so klar.

Wir haben noch keine Erlaubnis bekommen, um nach einer Wohnung zu suchen. Egal ob wir eine Erlaubnis haben, das brauchen wir jetzt unbedingt nicht. Also wir wollen nicht hier wohnen, aber vielleicht ein Wohnheim oder so, wo wir unser eigenes Badezimmer und Dusche und so haben können.

Mit Deutschland haben wir kein Problem. Also manchmal zeigen Leute auf uns und machen irgendwelche Zeichen, weil wir Kopftücher tragen. Aber wir ignorieren sie. Wir haben unser Land verlassen wegen eines Problems, und in Deutschland wollen unsere Eltern einfach, dass wir zur Schule gehen können, und alles machen, was wir wollen.

Ich möchte hier nur einen guten Schulabschluss bekommen, und eine gute Arbeit finden. Ich muss in diesem Monat ein Praktikum machen, und ich habe mir überlegt, Sozialarbeit zu machen. Ich möchte nicht später in diesem Ort wohnen, also irgendwo anders, nicht in diesem Heim oder so. Hier kenne ich eigentlich fast alle Leute, in 7 Jahre kann man schon fast alle Leute kennenlernen. Also würde ich vielleicht in Berlin wohnen wollen oder so.

Mama sagt, es gibt dieses Problem mit der Ukraine und Russland, und viele deutsche Leute haben angefangen, uns komisch zu behandeln. Zum Beispiel, unsere Sparkassenkontos wurden blockiert, und dann haben sie sie wieder aufgemacht. Wir sind da hingegangen, und Mama durfte kein neues Konto eröffnen, weil sie meinten, mit der Ukraine Russland Situation konnten wir das nicht, aber sie hat es dann trotzdem probiert zu machen. Letzte Woche am Freitag hatten wir dann einen Termin, und sie haben die Kontoeröffnung gemacht, aber meinten wir müssen warten.

Die Leute benehmen sich anders, weil wir aus Russland kommen, aber wir sind ja auch dagegen. Wir mögen diese Situation ja auch nicht. Wir haben damit nichts zu tun. Nur weil Putin und Kadyrov zusammen sind, wir können ja nichts dafür.

Mama meint, alles wird gut. Solange wir alles machen, was wir können, wird alles gut. Wir sind immer noch im Asylverfahren und haben dieses Jahr im Juni unser Gerichtstermin. Wir haben keine Duldung. Aber wenn wir unser Gericht haben, müssen wir vielleicht raus von der Stadt, oder müssen irgendwo anders hin. Oder wir bekommen Aufenthalt. Entweder uns wird gesagt, wir können hier bleiben und eine Wohnung bekommen, oder wir werden zurück zu unserem Land geschickt. Im Sommer wird diese Entscheidung getroffen.

Mama möchte, dass die Deutschen Leute wissen, dass sie keine Zeichen machen sollen, wenn sie uns sehen, und alle Leute akzeptieren, wie sie sind. Weil wir machen ja auch nichts zu ihnen, wir machen keine Zeichen zu ihnen. Also sollen sie uns einfach behandeln, wie sie auch ihre anderen deutschen Freunde behandeln. Es gibt ja viele deutsche Leute, die nett sind. Aber andere sind komisch. Leute reagieren viel zu aggressiv, wenn sie unsere Kopftücher sehen, also sie schreien viel herum. Im Netto ist es anscheinend meiner mama auch passiert. Nur weil wir Kopftücher tragen, heißt es nicht, dass wir keine Menschen sind. Wir können ja nichts dafür.

 

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